Serie: Sicherheit rund um Stuttgart

Dienstleistung “Sichere Strasse”

Mit der Autobahnpolizei auf Streife

Eine Reportage von Michael Jablonski

Wenn auf den Autobahnen rund um Stuttgart ein Polizeiwagen mit Blaulicht und Martinshorn vorbeirauscht, sitzen darin vielleicht Markus Hörmann und Tobias Bisinger in eiliger Mission: Der Polizeihauptkommissar und der Polizeiobermeister gehören zur E-Schicht des Autobahnpolizeireviers Stuttgart und sorgen mit ihren Kolleginnen und Kollegen für Ordnung auf den Highways rund um die Landeshauptstadt.

LKW und BMW - ungewohnte Vereinigung

Freitag, 16 Uhr. Gerade kam der Auftrag über Funk: Blechschaden im Stau auf der A8, direkt an der Auffahrt von Stuttgart-Vaihingen. Markus Hörmann lenkt den Streifenwagen über den engen Standstreifen der Autobahnauffahrt, schaltet das Blaulicht ein und als es kein Durchkommen mehr gibt, ertönt das Martinshorn. Nicht alle Autofahrer machen Platz, manche können nicht und andere wollen wohl nicht. Mühsam quält sich der Streifenwagen durch die Blechkolonne bis zur Unfallstelle. Dort, direkt an der Einfahrt zur A8, warten BMW und LKW in ungewohnter Vereinigung auf die Polizei. Daneben lehnt der etwas ältere LKW-Fahrer am Fahrerhaus, während sich der BMW-Fahrer und seine Beifahrerin den Schaden am eigenen Fahrzeug anschauen. Für Hörmann und Bisinger ein gewöhnlicher Einsatz. „Wir machen das jeden Tag“, meint Hörmann deshalb auch zum BMW-Fahrer, der zunächst nicht begreifen kann, dass er gerade den Z4, der seiner Geschäftskollegin und Beifahrerin gehört, beschädigt hat und nun auch noch „schuld“ sein soll. „Vorfahrt bleibt Vorfahrt“, erklärt ihm der Polizeihauptkommissar freundlich, mitfühlend und so glaubhaft, dass zuletzt sogar die Beifahrerin den Schaden ihrem Fahrzeuglenker zuschreibt: „Na, das bezahlst du aber.“

Rund 700 größere Blechschäden gab es im Jahr 2003 auf den 60 Kilometern Autobahn, die zum Autobahnpolizeirevier Stuttgart gehören, rund 10 Prozent weniger Kollisionen als noch 2002. Für acht Fahrzeuginsassen kam jedoch jede Hilfe zu spät, 268 Personen wurden schwer verletzt, 1.505 leicht. Das Revier reicht auf der A8 vom Kreuz Stuttgart bis zur Anschlussstelle Wendlingen und auf der A81/A831 von Stuttgart-Vaihingen bis nach Rottenburg.

Fahrerflucht - im Stau

Hörmann und Bisinger setzen ihre Fahrt fort. Die Fahndung nach einem Wagen mit Esslinger Kennzeichen kommt durch den Funk. Gerade soll sich der Fahrer unerlaubt von der Unfallstelle entfernt haben und nun genau in dem Stau auf der A8 stehen, in dem auch die beiden Polizisten unterwegs sind. Die grün-silberne Daimler-E-Klasse quält sich weiter bis zum Leonberger Kreuz. Eigentlich wäre nach dem Kreuz Stuttgart das Revier von Hörmann und Bisinger zu Ende, hier beginnt das Einsatzgebiet des Reviers Ditzingen. Doch das soll den Unfallflüchtigen nun nicht schützen. „In solch einem Fall sehen wir das mit den Reviergrenzen nicht so eng“, sagt Hörmann, bevor im Streifenwagen nur noch ein Martinshorn zu hören ist. Dem 27jährigen Tobias Bisinger, seit 1997 in diesem Revier tätig, ist die Konzentration ins Gesicht geschrieben. Auf der dreispurigen Autobahn einen bestimmten Wagen zu finden, gleicht Präzisionsarbeit. Dicht an dicht stehen LKWs und PKWs auf der dreispurigen Autobahn. Als Leonberg erreicht ist, sind sich Hörmann und Bisinger sicher: In diesem Stau war der Gesuchte nicht.

Feierabend - und eine kurze Nacht

Die Streife geht weiter, Markus Hörmann und Tobias Bisinger fahren in die Dunkelkeit hinein. Die Autobahn ist trocken, und das Schichtende nicht mehr fern. Bevor es zurück aufs Revier geht, suchen Hörmann und Bisinger im Kofferraum eines Kleinwagens noch nach einem Abschlepphaken: Eine Frau mit Kleinkind steht am Fahrbahnrand, ihr Auto hat einen Schaden an der Zylinderkopfdichtung. Seit einer halben Stunde warten Frau und Kind im kalten Auto auf den Abschleppwagen. Gerade noch rechtzeitig kommt er an, fast hätten der Hauptkommissar und sein Obermeister die Frau selbst an den Haken genommen. Für die Beamten bedeutet das: Feierabend. Und eine kurze Nacht.

Eisige Kälte - und ein Auto voller Bananen

Samstag, 6 Uhr. Schichtbeginn in einem Autobahntunnel im Stuttgarter Stadtgebiet - Polizeikontrolle. In eisiger Kälte harren die Beamten der E-Schicht der Autofahrer, die nun aus ganz verschiedenen Gründen unterwegs sind, Die Frau vom Großmarkt, mit jeder Menge Bananenkisten im Kofferraum, darf genauso weiterfahren wie die Skifahrer, die zum Feldberg wollen. Wer jedoch aus der Disco kommt, muss an den Straßenrand fahren. „Ich verwickle die Leute kurz in ein nettes Gespräch“, sagt Hörmann, „dann weiss ich gleich, was hier geboten ist.“ Wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sind, endet die Freundlichkeit der Autobahnpolizei, weil die Polizisten die Folgen zu gut kennen.

„Fehlanzeige“, registrieren die Beamten nach einer Stunde in der Zugluft. Heute ist wohl nichts zu finden. „Die Leute stellen sich darauf ein, dass wir kontrollieren“, und so soll es auch sein. „Jeder muss jederzeit mit einer Kontrolle rechnen“, erklärt auch Polizeihauptkommissar Karsten Bolz, Leiter der Führungsgruppe und stellvertretender Revierleiter. Für dieses Jahr hat er bereits einen Plan mit zahlreichen Kontrollaktionen ausgearbeitet, von Alkohol bis hin zur Fahndung nach italienischen Drogenkurieren, die die Autobahn als Transitstrecke Richtung Holland benutzen. „Man kommt leider immer viel zu schnell im Radio“, beklagt Hautkommissar Hörmann, „die Radiomacher verwechseln das mit einer Geschwindigkeitsmessung und melden dann die Großkontrolle“, was nicht ganz im Sinne der Polizei ist.

Schreibtischtaten - auch ein Stück Polizeiarbeit

Zurück auf dem Revier erledigen Hörmann und Bisinger die Büroarbeit. Hörmann, der Schichtleiter der Dienstgruppe E ist, hat an diesem Wochenende auch die Aufgabe, die wichtigsten Meldungen aller Autobahnpolizeireviere aus dem Regierungsbezirk Stuttgart herauszuschreiben, damit die Landespolizeidirektion ein Lagebild erstellen kann. Das dient dazu, alle Polizisten im Land über wichtige Ereignisse ausserhalb des eigenen Reviers auf dem Laufenden zu halten. So können Zusammenhänge zwischen gravierenden Ereignissen hergestellt und beispielsweise Serientaten schnell erkannt werden.

On the Road again...

Zurück auf der Straße verlassen die Beamten die Autobahn für eine halbe Stunde: Der Dienstleister „Polizei“ besucht eine junge Familie in einem Teilort von Herrenberg. Die Frau war unschuldig in einen Verkehrsunfall verwickelt und dabei verletzt worden. „Seelenmassage“, ist deshalb auch die Aufgabe von Hörmann, der eigentlich nur eine Unterschrift unter dem Protokoll braucht. „Es tut den Leuten gut, noch mal mit der Polizei darüber zu reden“. Mit Feingefühl hört sich der Polizist die Erzählungen der Frau, die mitten in einer Umschulung steckt, an. „Nein, für einen Unfall ist es nie der richtige Zeitpunkt“, so Hörmann. Schicksale sind ihm nicht fremd, so geht ihm der Tod einer 19jährigen vor wenigen Wochen noch nach. „Nein, so was wollen wir gar nicht sofort verdrängen“, meint Polizeihauptmeister Knut Kahrau, „da würden wir unsere Menschlichkeit verlieren.“ Unfälle zu verhindern durch verstärkte Verkehrsüberwachung, aber auch die Fahndung nach Straftätern, die die Autobahn als Transitstrecke zum Tatort und „schnellen Fluchtweg“ nutzen, darin besteht die Hauptaufgabe der Polizei auf der Autobahn.

Daneben müssen wir einen möglichen volkswirtschaftlichen Schaden gering halten“, erklärt der Hauptkommissar. Menschen, die im Stau stehen oder auf einer verschneiten Autobahn steckenbleiben, sind unproduktiv. Wir versuchen mit unseren Mitteln, die Autobahn freizuhalten.“ Der Schneefall, der am Abend, pünktlich zum Nachtdienst der Beamten einsetzt, ist deshalb eine besondere Bewährungsprobe. Hörmann fährt mit Oberkommissar Albrecht Kußmaul auf Streife, klärt die Verkehrslage an den Zufahrten und ruft das ein oder andere Mal den Streuwagen zur Hilfe, um glatte Straßen wieder befahrbar zu machen. „Doch irgendwann gibt es hier physikalische Grenzen“, gibt der Oberkommissar jenen zu bedenken, die sogar den Streuwagen überholen wollen.  

Morgens um vier - Tasse Tee und ein Geisterfahrer

Fotos: Jablonski

Sonntag, 4Uhr: Hörmann ruft kurz alle Kolleginnen und Kollegen der Dienstgruppe auf dem Revier zusammen. Verwaltungsarbeiten müssen erledigt, Fortbildungen geplant werden. Eine gute Gelegenheit für die Beamten, eine Tasse Tee zu trinken.  „Diese fünf Minuten nehmen wir uns einfach, jetzt ist es gerade ruhig auf der Straße.“ Eine trügerische Ruhe, wie die Frauen und Männer der Autobahnpolizei wissen: Kurz vor Schichtende am Sonntag um 6 Uhr wird es noch mal lebendig auf der A8. Während Polizeimeister Tobias Ehe und Kollegin Manuela John einen Blechschaden aufnehmen, hat Knut Kahrau in der Funkzentrale des Reviers alle Hände voll zu tun: Zwischen Merklingen und Mühlhausen ist ein Geisterfahrer unterwegs. Die Meldung des Reviers aus Mühlhausen muss nun schnellstens ins Radio, um andere Verkehrsteilnehmer so zu warnen. Gerade einmal drei Minuten dauert es, bis der Moderator die Meldung verliest, die Kahrau in den Verkehrsrechner getippt hat. Weitere zwei Minuten später haben die Kollegen aus Mühlhausen den Falschfahrer erwischt - eine gute Leistung wie Hörmann und seine Truppe feststellte.

So können die Frauen und Männer der Dienstgruppe E ein „sauberes“ Revier an die Nachfolgeschicht melden. Zeit, ins Bett zu gehen. Knut Kahrau wünscht seinen Kollegen eine gute Nacht: „Kommt gut nach Hause. Und lasst euch nicht von der Polizei erwischen.“

Ein besonderes Dankeschön...

gilt den Frauen und Männern der Dienstgruppe E des Autobahnpolizeireviers Stuttgart. Ohne die großartige Unterstützung und Offenheit dieser Beamten  wäre es nicht möglich gewesen, diesen Einblick in die Arbeit der Autobahnpolizei zu geben. Herzlichen Dank deshalb an PHK Markus Hörmann, POK Albrecht Kußmaul, PHM Knut Kahrau, POMin Manuela John, POM Tobias Bisinger und PM Tobias Ehe. Herzlichen Dank auch an PHK Karsten Bolz, dem Leiter der Führungsgruppe und stv. Revierleiter, für die freundliche Aufnahme, die hervorragende Vor- und Nachbereitung des Pressebesuchs und die angenehme Zusammenarbeit.

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